Bildschirm mit 4 stilisierten Personen, soll an Videokonferenz erinnern. Um den Screen herum Icons: Gebärdensprache, Sprechblase, Barrierefreiheit-Icon, Videosymbol, Textsymbol

Bei digitaler Barrierefreiheit auch an Veranstaltungen denken!

Was hat digitale Barrierefreiheit mit Veranstaltungen zu tun? Wie lassen sich schon mit einfachen Maßnahmen Barrieren in digitalen Formaten reduzieren? Was lässt sich daraus für Präsenz-Veranstaltungen ableiten?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz hat die digitale Barrierefreiheit stärker ins Bewusstsein gerückt. Gut so! Damit verbinden die meisten in erster Linie Websites, Dokumente und vielleicht noch Online-Shops, die für Menschen mit Einschränkungen zugänglicher gemacht werden sollen.

Doch auch im Kontext von Meetings, Veranstaltungen und Workshops, die online stattfinden, sollten Barrieren und deren Reduktion oder Beseitigung mitgedacht werden. Und das gilt unserer Meinung nach völlig unabhängig davon, ob man als Veranstaltungsplaner*in nun vom Gesetz betroffen ist oder nicht. Denn es geht darum, die Teilhabe für alle zu verbessern.

Barrierefreiheit in digitalen Veranstaltungsformaten hat viele Facetten

Gehen wir also einfach mal davon aus, dass wir Barrieren abbauen WOLLEN. Dann bleiben immer noch viele Fragen:

  • Welche Einschränkungen können Menschen haben, die sich auf die Teilnahme an Online-Veranstaltungen auswirken?
  • Welche Barrieren resultieren daraus in digitalen Veranstaltungsformaten?
  • Mit welchen Maßnahmen lassen sich Hürden beseitigen oder zumindest reduzieren?
  • Was können die ganzen Tools eigentlich? Und welche brauche ich?
  • Was kann ich tun, wenn ich kein oder wenig Budget dafür habe, Barrieren zu reduzieren?

Gute und schlechte Nachricht

Die schlechte Nachricht ist: Alle diese Fragen sind nicht in einem Blogbeitrag zu beantworten. Eher in einem E-Book oder in zwei Tagen Training.

Die gute: Schon mit einfachen Maßnahmen lassen sich Barrieren reduzieren. Daher soll es in diesem Beitrag vorrangig um die Frage gehen, mit welchen Maßnahmen sich Barrieren beseitigen oder zumindest reduzieren lassen und wie sich das konzeptionell angehen lässt.

Natürlich sind vor allem bei Online-Meetings, -Workshops und -Veranstaltungen Tools und Technik zweifellos wichtig. Hier gibt der Link zur Toolbox des Projekts „Teilhabe 4.0 – Digitalisierung in der Arbeitswelt barrierefrei gestalten“ eine erste Hilfestellung. Zum Beispiel mit diesem überaus hilfreichen Marktüberblick zu den gängigsten Videokonferenztools von Adobe Connect bis Zoom und ihrer Nutzbarkeit für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen.

Barrierefreiheit schon in der Konzeption mitdenken

Zurück zur Konzeption: Wie also lassen sich Online-Veranstaltungen schon in der Eventplanung barrierefrei oder barrierearm gestalten?

Ganz grundsätzlich ist es schlau, sich bei den Anforderungen an die Teilnehmenden nicht nach oben zu orientieren, sondern ein Angebot zu machen, das auch Schwächere gut mitnimmt. Und damit sind nicht nur Menschen mit Behinderungen gemeint, sondern auch unterschiedliche Lerntypen, Energielevel, Sprachkompetenzen, Technikaffinitäten, Altersstufen, Aufmerksamkeitsspannen und vieles mehr.

Hier ein kurzer Abriss der wesentlichen Elemente der Veranstaltungskonzeption mit Tipps zur Reduktion von Barrieren.

Ablauf, Umfang, Zeitplanung

  • Struktur und Orientierung geben
    Agenda und Ablauf der Veranstaltung regelmäßig kommunizieren: Was passiert wann? Wo sind wir gerade? Was kommt noch? Das hilft allen Teilnehmenden, sich zurechtzufinden – insbesondere Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder mit wenig Vorwissen.
  • Modular aufbauen
    Kleinere, leicht verdauliche Einheiten schonen den Energiehaushalt der Teilnehmenden. Das ist besonders hilfreich für diejenigen, für die das Angebot besonders herausfordernd ist.
  • Pausen einlegen
    Das ist für alle gut. Besonders aber, wenn die Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt oder die Teilnahme für manche aus anderen Gründen anstrengender ist als für andere Menschen.
  • Ausreichend Zeit einplanen
    Für Fragen, Diskussion und Erklärungen. Davon profitieren nicht nur die weniger Technikaffinen.

Gruppengröße und -Zusammensetzung

  • Individuell betreuen und unterstützen
    Das geht besser in kleineren Gruppen und ist für Menschen mit speziellen Bedürfnissen besonders wichtig.
  • Mehr Betreuungspersonal oder Gruppenleitungen einsetzen
    Das ermöglicht eine individuellere Betreuung, ebenso wie die Teilung der Gruppe bei Bedarf.
  • Gegenseitige Unterstützung oder ein Patenmodell anbieten
    Personen mit und ohne besondere Einschränkungen können einander zur Unterstützung zugeordnet werden.

Inhalt und Methodenauswahl

  • Klare und verständliche Sprache nutzen
    Fachbegriffe vermeiden oder erklären, wenn sie nötig sind.
  • Barrierearme Technik, Medien und Tools einsetzen
    Weniger ist mehr – vor allem in Sachen Tools!
  • Verschiedene Angebote machen
    • Verschiedene Formate für verschiedene Lernstile und Bedürfnisse anbieten: Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Vortrag, Diskussionen, Quiz usw.
    • Alternative Möglichkeiten zur Teilnahme ermöglichen – für diejenigen, die manche Funktionen nicht nutzen können oder wollen (z. B. Fragenstellen auf der “Bühne” oder im Chat)
    • Informationen in verschiedenen Formaten anbieten: Schrift, Audio, Video

Moderation

  • Deutlich und langsam sprechen, Sprechpausen einlegen
    Das tut nicht nur Teilnehmenden mit Einschränkungen gut. Zusätzlich ist das für Gebärdensprach- und andere Dolmetschende extrem hilfreich.
  • Visuelles (Bilder, Grafiken, Gesten, Sichtbares aller Art) auf der Tonspur kommentieren
    „Oh, hierzu gibt es viele Wortmeldungen!“ – „Auf der Abbildung ist Folgendes zu sehen …“. Quasi der gesprochene Alt-Text.
  • Informationen über mehrere Kanäle senden
    Infos verbal erläutern, Textbausteine in den Chat senden, Informationen per Präsentation zeigen.
  • Ermutigen
    Unbedingt dazu einladen, sich zu melden, wenn etwas unklar ist, es Probleme oder Fragen gibt. Auch hier mehrere Optionen bereithalten (Tonspur, schriftlich, anonym usw.).

Support

  • Erklärungen schriftlich und mündlich geben
    besser zu viel als zu wenig, auch an unterschiedlichen Stellen und wiederholt
  • Testläufe oder Testtermine für Tools und Plattformen anbieten
    entweder im Vorfeld oder in einer Einlassphase vor Beginn der Veranstaltung.
  • Erreichbarkeit anzeigen und gewährleisten
    per Chat, Telefon oder in der Einlassphase im Dialog.

Es geht nicht nur ums Digitale

Gemerkt? Diese Prinzipien sind für die Konzeption digitaler Veranstaltungsformate gedacht, viele von ihnen lassen sich aber auch auf Präsenzveranstaltungen übertragen.

Toll, oder?

Thema vertiefen?

Am 27. Juni 2025 von 12 bis 13.30 Uhr bieten Lindmanns Lebendige Online-Veranstaltungen im Rahmen des Digitaltags 2025 einen interaktiven Online-Workshop „Mehr Teilhabe durch barrierefreie Online-Meetings und -Veranstaltungen“ an. Infos und Anmeldung hier: Mehr Teilhabe durch barrierefreie Online-Meetings und -Veranstaltungen

Noch weiter vertiefen? Wir Lindmanns schulen auch zum Thema. Case Study hier: Schulung: Barrierefreie Online-Workshops und -Trainings

Abbildung: Chat GPT