Graphic Recording fördert Partizipation und macht Potentiale sichtbar, es verändert Kommunikation und Gruppenprozesse

Visualisierung von Gabriele Schlipf - www.momik.de

Helfen wir unserer Zukunft auf die Sprünge!

Eine Handvoll Argumente, warum Graphic Recording* in herausfordernden Zeiten eine Stütze sein kann und die Demokratie stärkt.

Mittwoch Nachmittag, 14.30 Uhr und es ist wieder soweit. Diskussion im Plenum. – Same procedure as last week, denn da ist er wieder dieser eine Kollege, der jedes Mal das Gleiche sagt. – Ja, wissen wir längst. Und dann ist da noch dieser andere Kollege, der grimmig schaut und nie etwas sagt – verstockt. Und natürlich, der Kollege, der zu allem etwas zu sagen hat und dem deswegen schon lange keiner mehr zuhört. – Hört sich wahrscheinlich selbst gerne reden. Nach einiger Zeit meldet sich auch der Kollege, der ein echter Experte ist, den aber keiner versteht. Und das ruft, wie immer, den Rabauken-Kollege auf den Plan, der gerne Streit vom Zaun bricht. Am wenigsten stört der Kollege, der ausschließlich in sein Handy starrt. – Hallo? Und last but not least, gibt es natürlich den Chef, der am Ende bestimmt, was gilt und wie es gemacht wird. – Gut so, denn dann gehen endlich alle wieder an ihre Arbeit.
Back to business as usual.

Erkennen Sie die Situation? Es passiert überall und ständig.
So, oder so ähnlich laufen viele Meetings, Konferenzen, Diskussionsrunden, Talkshows und Gespräche ab. Es wird viel geredet, es wird nicht so viel zugehört und selten verändert das Gesagte etwas.

Was aber würde passieren, wenn zu dieser Situation ein weiterer Teilnehmender, ein Graphic Recording* hinzukäme?

*Graphic Recording ist die simultane Übersetzung von gesprochenem Wort in Bilder. 
Für die Anwesenden während des Gesprächs sichtbar, wird meist auf einem großen Format, ein Protokoll gezeichnet, das aus Wort-Bild-Kombinationen besteht.

Verrückt, denken Sie, bunte, handgezeichnete Bilder im politischen, wissenschaftlichen, oder geschäftlichen Kontext. Nicht verrückt, nur mutig!
Graphic Recording ist eine unterschätzte Methode, die auf sehr simple und dadurch fast magische Weiße Potentiale hebt, Gemeinsamkeit stiftet, Missverständnisse aus der Welt räumt, Verständnis schafft, Wertschätzung vermittelt und die Demokratie stärkt.
Ich habe es oft genug erlebt, in den letzten 15 Jahren.

Denn:

Graphic Recording ist vorurteilsfrei und neutral. Der Graphic Recorder, oder die Graphic Recorderin hat keine eigene Agenda und der interne Flurfunk ist uns unbekannt.
Das visuelle Protokoll wird ausschließlich für die anwesende Gruppe erstellt.

Graphic Recording ist holistisch. Ein Blick von außen ermöglicht Abstand zu den Themen, so dass die großen Linien nicht zwischen vielen Details unsichtbar werden. Für die zuhörende, analysierende und clusternde Recorderin sind diese gut erkennbar.

Graphic Recording ist garantiert hierarchiefrei und anonym. Die Graphic Recorderin steht mit dem Rücken zum Publikum, damit das Protokoll beim Wachsen beobachtet werden kann. Sie sieht daher nicht wer spricht. Die Beiträge, egal ob von der Ministerin, oder vomPraktikanten, werden nach Themen und Inhalten sortiert.

Das Graphic Recording spiegelt die ganze Vielfalt der Beiträge gleichberechtigt wider. Jedes Thema und jede Meinung, die ausgesprochen werden, finden sich nebeneinander und auf derselben Fläche. Das ermutigt auch stilleren Personen, Menschen mit anderer Meinung, oder Personen weiter unten in der Hierarchie, sich zu Wort zu melden. So wird mehr Partizipation und Teilhabe ermöglicht.

Das visuelle Protokoll featuret auch diejenigen, die sich nicht gehört fühlen und die dadurch immer wieder zu ihrem Punkt zurückkehren. Denn Graphic Recording macht nachhaltig sichtbar. Es bleibt, wenn Worte längst verklungen sind. Das gilt auch für unangenehme Wahrheiten, Handlungsbedarfe, oder aus Gewohnheit Überhörtes.

Graphic Recording fördert Verständigung. Um etwas zeichnen zu können, muss man an manchen Stellen konkreter werden, als beim Sprechen. Allzu schnell einigt man sich auf Schlagwörter, wie Transparenz, oder Baum, ohne abzugleichen, wer was darunter versteht. „Baum“, kann man jedoch ohne Kontext, oder Spezifikation nicht zeichnen, „Transparenz“ ebenso wenig.

Nicht nur dadurch ist Graphic Recording barrierearm. Bilder sind eine fast schon universale Sprache. Ein Bild kann Brücken bauen und Gräben überwinden. Es erschließt sich Menschen allen Alters, jeder Sprache und egal mit welchem Bildungshintergrund.

Graphic Recording richtig genutzt und eingebunden, verändert.
Wagen Sie mehr Graphic Recording, helfen wir unserer Zukunft auf die Sprünge!!

Wenn also nächsten Mittwoch der Experte, der Ungehörte, der Vielreder, der Chef, der Handygucker, der Verstockte, der Beharrende, der Rabauke und das Graphic Recording einen Termin zur Diskussion miteinander haben, was wird dann passieren?
Ganz sicher wird das visuelle Protokoll zum Gesprächsteilnehmer, auf den die Anderen sich im Laufe der Diskussion immer wieder beziehen und darauf referenzieren. Die Graphic Recorderin, nimmt diese Bezüge ebenfalls in das wachsende Bild mit auf. Durch diese Rückkopplung des zuhörenden Bildes und seine, oben beschriebenen, Effekten, verändert sich der Prozess der Diskussion und auch das Verhalten der Teilnehmenden.
Die Gruppe bewegt sich weg von „businsess as usual“, hin zu Zuhören, Austauschen, Abgleichen und am Ende gemeinsam ins Tun kommen.