Reihe von roten Stühlen eines Kinos oder Theaters

Konferenzbestuhlung im Selbsttest

Reihenbestuhlung und parlamentarische Bestuhlung sind eine große Herausforderung für partizipative Events. Sind Blümchen, Dreiecke und Wildwuchs eine gute Alternative?

Reihe, Kino, parlamentarisch – das kennen Veranstalter*innen. Das kennen die Teilnehmenden. Das kann die Location sehr leicht umsetzen.

Doch Moderator*innen mit Sinn für Partizipation stehen vor dem Publikum, oft auf erhöhter Bühne, und sehen in Gesichter voller Erwartungen einer ‚Show‘. Dabei wollen diese Moderator*innen den Austausch der Teilnehmenden untereinander ebenso beflügeln wie die Interaktion des Publikums mit den Expert*innen auf der Bühne.

Beim letzten Treffen von der kongress tanzt durfte ich eine Reihe von Alternativen ausprobieren und konnte hautnah von den Selbsterfahrungen des Netzwerks profitieren.

Was haben wir ausprobiert?

Reihenbestuhlung: Die Stühle stehen klassisch in Reihen neben- und hintereinander. Das Publikum macht sein Ding, ist entweder aufmerksam oder mit sich, dem Telefon, dem Laptop beschäftigt. Gespräche mit den direkten Sitznachbar*innen sind gut möglich.

Fischgräte/V-Formation: Die Reihenbestuhlung hat die Form eines V, dass sich zur Bühne öffnet. Bei Diskussionen können sich die Teilnehmer*innen leichter ansehen und interagieren.

Britisches Parlament: Die Stuhlreihen stehen sich gegenüber, in der Mitte bleibt ein Gang – so wie im Britischen Parlament. Idealerweise gibt es an beiden Enden des Ganges Expert*innen, die sich, wie beim Tennis, mit ihrem Fachinput die Bälle zuspielen. Diese Bestuhlung ist sehr gut geeignet für Impulse durch Expert*innen mit Diskussion der Teilnehmenden untereinander. Aufgrund der (seitlichen) Reihenbestuhlung geht das leicht mit den Menschen gegenüber, schwer mit denen im eigenen Reihenblock.

Wilde Bestuhlung: Die Stühle werden wild im Raum verteilt. Die Teilnehmenden rücken sich im Laufe der Zeit alles so zurecht, dass es passt. Das sorgt zu Beginn des Events garantiert für sehr große Verwirrung, ist meines Erachtens ein guter Start für eine Veranstaltung, in der es um Kreativität, Change, Neues geht.
Eine gute Option in dieser Richtung: Teilnehmer*innen bestuhlen selbst. Die Stühle stehen am Rand, alles findet sich mit der Zeit.

Blümchenbestuhlung: Die Stühle werden in kleinen Kreisen à 5-6 aufgestellt. Die Teilnehmenden drehen ihre Stühle je nach Bedarf zur Bühne oder zum Kreis für Diskussionen in Kleingruppen.

Dreiecke: Die Aufstellung in Dreiecken birgt meiner Meinung nach großes Potential – die Gesamtbestuhlung im Raum macht einen sehr strukturierten Eindruck und bringt dabei viel Bewegung in den Saal. Die Teilnehmenden der Dreieck-Spitze drehen je nach Bedarf ihren Stuhl zur Bühne oder zu den beiden anderen Stühlen im Dreieck für Diskussionen in Dreiergruppen.

Mein Fazit

Die Teilnehmer*innen sind in der Regel offen dafür, den eigenen Stuhl zu drehen oder gar selbst hinzuräumen. Mit Alternativen zur Reihenbestuhlung lässt sich eine ganz andere Stimmung im Raum und eine große Bereitschaft zum Austausch erzeugen. Auf einige alternative Bestuhlungen reagieren Teilnehmer*innen wahrscheinlich irritiert, das müssen Veranstalter*innen und Moderator*innen dann einfach aushalten.

Achtung: Lässt sich nicht immer umsetzen

Locations haben in der Regel den Behörden schon vor Jahren Bestuhlungskonzepte vorgelegt, mit Sicherheit gehörten dazu die Reihen- und die parlamentarische Bestuhlung. Diese Konzepte erfüllten alle Sicherheitsstandards und wurden von den Behörden genehmigt. Diese Genehmigungen gelten noch immer und unterliegen in der Regel einem Bestandsschutz, d.h., selbst wenn sich Vorgaben und Regulierungsrahmen ändern gilt die Gehnehmigung weiterhin. Wünschen Veranstalter*innen neue, andere Bestuhlungskonzepte, müssen diese neu beantragt werden. Damit entfällt der Bestandsschutz für bestehende Konzepte, die ‚alte‘ Genehmigung wird ungültig, alles muss neu beantragt werden und den neuen Vorgaben entsprechen. Das bedeutet Aufwand, die meisten Locations werden den Schritt hin zu innovativer Bestuhlung daher wahrscheinlich scheuen.