Wirksame Begegnungen

Der Soziologe und Prof. Stefan Kühl bezweifelt, dass die heute üblichen Veranstaltungsdesigns wirklich ihren Zweck erfüllen, wirksame Begegnungen zu ermöglichen. Er plädiert dafür, viel mehr Zeit in die Vor- und Nachbereitung zu stecken.

Stefan Kühl schaut kritisch auf Großveranstaltungen. Nicht nur als Soziologe, sondern auch als Organisationsberater mit eigenen praktischen Erfahrungen, denn seine Firma metaplan organisiert selbst Großgruppen-Events. Er bezweifelt, dass die heute üblichen Formen wirklich ihren Zweck erfüllen, und plädiert dafür, viel mehr Zeit in die Vor- und Nachbereitung zu stecken, ein Plenum nur noch als Rahmen für den Austausch in kleinen Gruppen zu sehen – und von guten Rockkonzerten zu lernen.

Einige Zitate aus dem Podcast-Gespräch mit Michael Gleich:

„Interaktionskatastrophen entstehen immer dann, wenn Normen gebrochen werden. Das kann jetzt zum Beispiel bei unserem Gespräch sein, wenn ich extrem unfreundlich reagieren würde.“

(zu Großkonferenzen): „Die Probleme entstehen vorrangig dadurch, dass bei Interaktionen von mehreren hunderten Personen ein Großteil der Personen ja zu Passivität verpflichtet wird…. Meine Vermutung ist, dass wir Passivität schlecht ertragen können.“

„Sobald man mehr als zehn oder zwölf Personen hat, zerfällt die Interaktion in eine Vielzahl von Kleininteraktionen. Man sieht das auf Partys, wie sich dann so Kleingruppen bilden. Das gilt … auch für Interaktionen in Organisationen.“

„Man braucht einen sehr, sehr großen Raum, der die Interaktionen von sehr, sehr vielen Kleingruppen ermöglicht.“

„In fast hundert Prozent aller Fälle scheitern die Ideen, die in Open-Space-Formaten erarbeitet worden sind, daran, dass sie nicht sauber abgestimmt sind mit den Erwartungen, die sonst in der Organisation herrschen.“

„Der Gedanke, der prinzipiell bei Organisationen inzwischen angekommen ist: Es kommt darauf an, jenseits der eigenen Büros Räume zu schaffen, wo die Menschen sich begegnen können, also die berühmt berüchtigte Kaffeeecke.“

In diesem Jahr hat Kühl ein neues Buch vorgelegt (zusammen mit Mascha Nolte): „Workshops moderieren. Eine sehr kurze Einführung“, Springer, 64 Seiten.